Unsere Arbeit beginnt mit Sehnsucht.
Unsere Arbeit fängt bei unseren Wünschen an. Wir haben als grundlegendsten menschlichen Zug den Wunsch, uns in Verbindung zu fühlen mit uns selbst, mit Anderen und mit der Welt in der wir leben.
Zugleich geben wir aber der Furcht viel Raum, dass diese Sehnsucht nach Verbindung (allein schon das Wort!) ein Defekt sein könnte: Inakzeptabel, eine Träumerei, unverdient und unverschämt; auch dass ‚die Anderen‘ nicht in der Lage oder nicht willens sind, darauf einzugehen.
Obwohl dieser Wunsch nach Verbindung mit das Schönste am Menschsein ist, sind wir damit oft doch eher verunsichert. Wir verstecken ihn vor uns selbst und vor anderen. Wir verkleinern ihn oder verkleiden ihn in Autonomie, manchmal sogar mit Geringschätzung oder Verachtung. Oder wir spüren intensive Verbindung, aber nur in unserer eigenen Gruppierung, in Gegnerschaft zu Anderen.
Der inneren Realität der Zurückhaltung und Hemmung entspricht natürlich auch eine äußere Realität, in der Selbstausdruck, Bindung und auch physische Sicherheit in der eigenen Geschichte und Lebensrealität nicht ungebrochen möglich sind: mit anderen Worten eine Welt, in der Trauma, Unfreiheit und Mangel an Beziehung vorkommen.
Wir wissen heute viel darüber, welche biologischen Vorgänge daran beteiligt sind, dass solche Erfahrungen unser in-der-Welt-sein formen.
Das Langzeitgedächtnis, also die persönliche Erfahrung und Erinnerung, dient dazu, in jedem Moment in der Unvorhersagbarkeit der Welt Verhaltensmuster vorzuhalten, die zum Überleben dienlich sein könnten, sei es nun etwas simples wie das Wissen was essbar ist oder etwas komplexes wie ein Beziehungsmuster.
Im Falle von Trauma bedeutet dies, dass erinnerte Bedrohungen den gleichen Effekt auf uns haben können wie gegenwärtige Bedrohungen: sie können überwältigend sein; dann erschlafft die Muskulatur, das Gehör nimmt menschliche Stimmen schlechter wahr und Hoffnungs- und Antriebslosigkeit erschweren soziale Verbindungen. Oder sie können bedrohlich, aber überwindbar erscheinen; dann stellt sich der Körper automatisch auf Kampf oder Flucht ein, die Muskeln spannen sich an, die Verdauung pausiert, der Blick verengt sich und die Priorität für den Selbsterhalt erschwert Beziehungen.
Das positive Pendant zu diesen automatisch ablaufenden 'alarmierten' Funktionsweisen ist der Zustand, in dem wir zur Verbundenheit fähig sind; in diesem Zustand ist das Gesicht offen und kommunikativ, die Körperhaltung entspannt aufrecht, Spiel ist ebenso möglich wie die Konzentration auf eine Aufgabe, Kooperation und Verbindung mit anderen fällt leicht und das wird von Anderen auch so wahrgenommen.
Wann immer Gedächtnisspuren im Gehirn 'ausgelesen' werden, werden Gefühle aktiviert, die die Aufmerksamkeit auf die wahrscheinlich richtige nächste Handlung lenken. Bei diesem Prozess, der eigentlich ununterbrochen aktiv ist, teilweise sogar im Schlaf, wird ständig neu hinzugekommene Information in den Erinnerungsschatz eingearbeitet. Im Idealfall wird die aktivierte Erinnerung mit neuen Konnotationen von Sicherheit und Verbundenheit wieder ins Langzeitgedächtnis abgelegt, sobald wir uns etwas anderem zuwenden können.
Die Körperarbeit macht es leicht, auch solche Erinnerungen in das dazu gehörende Gefühl zurück zu übersetzen, die hauptsächlich im Körper abgelegt sind, beispielsweise in Form von 'festhalten' oder 'nicht-fühlen' oder 'den Atem anhalten'.
In dieser Rückübersetzung werden das ursprüngliche Körpergefühl, die Emotionen und die Bewegungsimpulse wieder aktiv, die im Körper gehalten wurden. Dann kann es gelingen, das Gefühl vollständig zu spüren, die Emotion zu Ende zu fühlen und den Bewegungsimpulsen stattzugeben. Die Hemmung und Zurückhaltung im Körper wird dadurch weniger. Stattdessen entsteht ein Gefühl von Platz und Beweglichkeit im Körper und auch der Wunsch und die Fähigkeit, bei den Mitmenschen seinen Platz einzunehmen.
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